Die klingenden Zedern Sibiriens


In der wunderbaren spirituellen Buchserie

"Anastasia, Tochter der Taiga"

fasziniert mich unter vielen anderen spirituellen Weisheiten diese sibirische Zeder.


Auszug ausder unglaublich interesanten Buchserie :

Anastasia, Tochter der Taiga

Band 1

Während des Aufenthalts wandten sich zwei einheimische Alte
(dafür hielt ich sie damals) mit einer merkwürdigen Bitte an mich.
Der Ältere der beiden, der einen langen, grauen Vollbart trug,
schwieg die ganze Zeit. Der andere, der etwas jünger war, versuchte
mich zu überreden, ihnen 50 Leute zur Verfügung zu stellen (die
gesamte Besatzung zählte nicht mehr als 65 Mann), die sie in die
Taiga mitnehmen wollten, zu einem Ort, der 25 Kilometer von der
Anlegestelle entfernt lag. Dort sollte es einen besonderen Baum
geben, den sie «klingende Zeder» nannten und den sie fällen wollten.
Diese vierzig Meter hohe Zeder* sollte außerdem in kleine,
handliche Stücke zersägt und dann zum Boot getragen werden. Wir
sollten die Stücke restlos mitnehmen und später in noch kleinere
Teile zersägen. Jeder sollte dann ein Stück an sich nehmen, und die
Eigentlich handelt es sich bei diesem Baum (lat.: Pinus sibiricd) nicht um eine
echte Zeder, aber da man ihn im russischen Sprachgebrauch Kedr nennt,
spricht man auch im Deutschen oft von der «sibirischen Zeder». In dieser
Buchserie haben wir es bei diesem volkstümlichen Ausdruck belassen, auch
wenn in botanischer Hinsicht «Zirbelkiefer» oder «Arve» korrekter wäre.[

übrigen Stücke sollten unter unseren Angehörigen, Bekannten und
allen anderen, die sich über ein solches Geschenk freuen würden,
verteilt werden.
Der Alte meinte, diese Zeder sei etwas Besonderes und die
Stückchen solle man an einer Schnur auf der Brust tragen. Man
solle sich eines davon anlegen, während man barfuß auf dem Gras
stehe und es mit der linken Hand an die nackte Brust drücke. Nach
einer Minute werde man eine angenehme, von der Zeder ausgehende
Wärme spüren und dann werde ein leichtes Zittern den Körper
durchlaufen. Ab und zu solle man, wann immer man möchte, die
Seite des Holzstückchens, die den Körper nicht berührt, mit den
Fingerspitzen reiben, während man es von der anderen Seite mit
den Daumen hält. Schon nach drei Monaten, so behauptete der
Alte, werde sich der Mensch bedeutend besser fühlen und werde
von vielen Krankheiten geheilt werden.
«Auch von Aids?», fragte ich, nachdem ich ihnen mitgeteilt
hatte, was ich über diese Krankheit aus Presseberichten wusste. Der
Alte versicherte mir: «Von allen Krankheiten.»
Das war aber seiner Meinung nach gar nicht so besonders. Die
Haupteigenschaft der Zedernstückchen bestehe darin, dass sein Besitzer
herzlicher, erfolgreicher und begabter werde.
Von der Heilkraft der sibirischen Taiga-Zeder hatte ich bereits
gehört, aber dass sie auch Gefühle und Fähigkeiten beeinflussen
konnte, erschien mir damals unglaubwürdig. Ich dachte: «Vielleicht
wollen die Alten für diese angeblich besondere Zeder Geld von mir
haben.» Ich erklärte ihnen also, dass in der modernen Welt die Frauen
Gold- und Silberschmuck tragen, um anderen zu gefallen, und
dass sie für ein Stückchen Holz schwerlich etwas ausgeben würden.
Deshalb würde auch ich kein Geld dareinstecken wollen.
«Sie tragen es nur», entgegnete der Alte, «weil sie nicht wissen,
dass Gold im Vergleich zu einem Stück Zeder reiner Klimbim ist.
Aber wir sind nicht auf Geld aus. Wir können euch obendrein sogar
noch getrockenete Pilze geben; für uns selber brauchen wir nichts.»
Aus Achtung vor ihrem Alter wollte ich nicht weiter streiten und
sagte: «Nun, vielleicht wird jemand ein Stück von Ihrer Zeder tragen, wenn ein großer Holzschnitzer mit seinem Messer ein Kunstwerk
daraus schafft ...»
Doch darauf erwiderte der Alte: «Natürlich kann man daraus
etwas schnitzen, aber Reiben und Polieren ist besser. Am besten aber
ist es, wenn man es mit seinen eigenen Fingern reibt, wann immer
die Seele es wünscht; dann wird das Holz auch äußerlich schön sein.»
Dabei knöpfte der jüngere Alte hastig seine zerschlissene Jacke und
sein Hemd auf, und ich erblickte auf seiner Brust ein gewölbtes,
rundlich-ovales Holzstück. Seine bunten Farben - violett, weinrot,
fuchsrot - bildeten ein kompliziertes Muster mit Holzadern, die
wie winzige Bäche wirkten. Ich bin zwar kein Kunstkenner, habe
aber in meinem Leben hin und wieder Gemäldegalerien besucht.
Die weltberühmten Meisterwerke haben bei mir keine besonderen
Gefühle hervorgerufen, doch der Anhänger auf der Brust des Alten
beeindruckte mich sehr - mehr als ein Besuch in der Tretjakow-
Galerie*.
Ich fragte: «Wie lange haben Sie denn an Ihrem Zedernstück
poliert?»
«Dreiundneunzig Jahre», antwortete der Alte.
«Und wie alt sind Sie?»
«Hundertneunzehn.»
Damals glaubte ich ihm nicht, denn er sah aus wie ein Fünfundsiebzigjähriger.
Ohne meine Zweifel zu bemerken oder zu
beachten, versuchte er mich nun leidenschaftlich davon zu überzeugen,
dass ein solches Holzstück auch bei anderen schon nach
drei Jahren ebenso schön sein werde, wenn es nur von den Fingern
des Besitzers gerieben werde, und danach immer schöner -
besonders bei Frauen. Vom Körper des Trägers werde ein angenehmer
Duft ausgehen, der alle künstlichen, menschengemachten
Duftstoffe bei weitem übertreffe.
Von den beiden Alten ging tatsächlich ein Wohlgeruch aus,
den ich ganz deutlich wahrnahm, obwohl ich rauche

Der Geruchssinn, wie wohl bei den meisten Rauchern, ziemlich beeinträchtigt
ist.
Und noch etwas Seltsames ...
Während die beiden sprachen, fielen mir plötzlich Redewendungen
und Gedanken auf, die bei Einwohnern des hohen Nordens gar
nicht üblich sind. An einige erinnere ich mich noch heute, sogar an
die Intonation. So sagte der Alte:
«Gott erschuf die Zeder als Speicher kosmischer Energien ...
Von einem Menschen, der Liebe empfindet, geht eine Strahlung
aus. In Bruchteilen einer Sekunde wird diese Strahlung von den
Planeten im Weltall auf die Erde zurückgeworfen, erreicht wieder
die Erde und nährt alles Leben hier ...
Die Sonne ist ein Planet, der nur einen Teil des Spektrums dieser
Strahlung reflektiert...
In den Kosmos steigt vom Menschen nur lichte Strahlung, und
aus dem Kosmos gelangt auf die Erde nur wohltuende Strahlung ...
Von einem Menschen boshafter Gesinnung geht eine dunkle Strahlung
aus, die nicht hinaufsteigen kann, sondern in das Innere der
Erde gelangt. Von dort zurückgeworfen, kehrt sie wieder an die
Oberfläche zurück - in Form von Vulkanausbrüchen, Erdbeben
und Kriegen ...
Die stärkste Wirkung der reflektierten dunklen Strahlung unmittelbar
auf den Menschen besteht darin, dass seine bösen Gefühle
verstärkt werden ...
Die Zeder lebt 550 Jahre. Mit Millionen ihrer Nadeln empfängt
und speichert sie Tag und Nacht lichte Energie, und zwar das ganze
Spektrum. Im Laufe des Lebens der Zeder bewegen sich über sie alle
Himmelskörper hinweg, die diese Lichtenergie reflektieren ...
Selbst ein kleines Stückchen Zeder enthält mehr dem Menschen
wohltuende Energie als alle von Menschenhand geschaffenen Energieanlagen
auf der Erde zusammengenommen ...
Die Zeder nimmt die vom Menschen ausgehende Energie durch
den Kosmos auf, speichert sie und gibt sie wieder ab, wenn es daran
im Kosmos und folglich auch im Menschen und allem anderen Leben mangelt.

In seltenen Fällen gibt es Zedern, die ihre gespeicherte Energie
nicht abgeben. Nach fünfhundert Lebensjahren beginnen sie zu klingen.
Mit diesem Zeichen teilen sie den Menschen mit, dass diese sie
absägen und mitnehmen können, um die gespeicherte Energie auf
der Erde zu nutzen. So bittet die Zeder mit ihrem Klang drei Jahre
lang. Wenn sie in dieser Zeit nicht von Menschen berührt wird,
verliert sie die Möglichkeit, ihre Energie unmittelbar an den Menschen
abzugeben. Da sie ihre Energie auch nicht an den Kosmos
zurückgeben kann, beginnt sie nach drei Jahren, die Energie in sich
zu verbrennen. Dieses qualvolle Sterben durch Selbstverbrennung
dauert 27 Jahre.»
Der Alte fuhr fort: «Vor kurzem haben wir eine solche Zeder
entdeckt und festgestellt, dass sie schon seit zwei Jahren klingt —
leise vor sich hin klingt. Sehr leise. Vielleicht versucht sie auf diese
Weise ihr Bitten auf längere Zeit auszudehnen, aber ihr bleibt nur
noch ein Jahr. Deshalb soll sie gefällt und an die Menschen verteilt
werden.»
Der Alte sprach lange, und aus irgendeinem Grund hörte ich
ihm zu. Die Stimme des merkwürdigen alten Sibiriers klang bald
ruhig und sicher, bald erregt. Wenn er unruhig wurde, fingerte er
nervös an seinem Stückchen Zeder herum, fast als spiele er auf einem
Musikinstrument.
Es war kalt am Ufer, und vom Fluss her blies ein kräftiger Herbstwind.
Die grauen Haare der Greise flatterten im kalten Wind, doch
der sprechende Alte ließ seine Jacke und sein Hemd aufgeknöpft.
Die ganze Zeit rieb er mit seinen Fingerspitzen an dem Zedernstückchen
auf seiner Brust und versuchte, mir dessen Bedeutung zu
erklären.
Dann kam eine Mitarbeiterin meiner Firma, Lydia Petrowna,
vom Schiff zu uns ans Ufer und teilte mir mit, alle Mann seien an
Bord, das Schiff sei bereit zur Abfahrt und man warte nur darauf,
dass ich das Gespräch beende. Ich verabschiedete mich also von den
Alten und ging schnell an Bord. Ihrer Bitte konnte ich aus zwei
Gründen nicht nachkommen: Der verlängerte Aufenthalt von etwa
drei Tagen hätte große Verluste gebracht, und außerdem hielt ich
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damals alles, was sie mir erzählt hatten, für Übertreibungen und
Aberglauben.


Am nächsten Tag fiel mir bei unserer morgendlichen Besprechung
auf, wie Lydia Petrowna ein Zedernstück betastete, das sie
um den Hals trug. Später erzählte sie mir, dass sie noch ein wenig
an Land geblieben war, während ich an Bord ging. Dort habe sie
beobachtet, wie der Alte, der mit mir gesprochen hatte, ganz verstört
bald mir nachschaute, bald seinen Gefährten ansah und sich
aufgeregt Vorwürfe machte:
«Warum nur? Warum haben sie es nicht verstanden? Ich kann
einfach nicht richtig in ihrer Sprache reden. Ach, ich konnte ihn
nicht überzeugen! Hab's einfach nicht geschafft. Warum nur? Vater,
sag doch was!»
Der Ältere legte seinem Sohn die Hand auf die Schulter und
erwiderte: «Ja, du warst nicht überzeugend. Sie haben nichts begriffen.
»
«Ich war bereits auf den Schiffstreppen», fuhr Lydia Petrowna
fort, «da lief mir der Alte, mit dem du gesprochen hattest, plötzlich
nach, nahm mich an der Hand und führte mich zurück auf
das Gras. Dann holte er hastig einen Bindfaden aus der Tasche, an
dem dieses Stück Zedernholz hing, hängte es mir um den Hals und
drückte es mir mit meiner und seiner Handfläche an die Brust. Dabei
spürte ich, wie ein Zittern meinen Körper durchlief. Das alles
ging so schnell, dass ich gar nichts sagen konnte. Als ich wegging,
rief er mir hinterher:
nächstes Jahr wieder! Alles Gute! Wir werden hier auf euch warten.
Gute Reise!>
Als das Schiff ablegte, winkte uns der Alte noch lange hinterher,
dann setzte er sich plötzlich ins Gras. Ich beobachtete sie durch ein
Fernglas. Ich sah, wie der Alte, der mit dir gesprochen und mir dann
das Stück Zeder gegeben hatte, im Gras saß und heftig mit den
Schultern zuckte. Der Ältere, der mit dem langen Bart, beugte sich
über ihn und strich ihm tröstend über den Kopf.

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Aus dem Buch: Anastasia, Tochter Der Taiga

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